Die interkommunale Landesgartenschau kann sich zu einem Entwicklungsmotor für die teilnehmenden Kommunen entwickeln. Eine Arbeit Studierender dazu stellte man jetzt in Bad Salzhausen vor.

Den wichtigsten Satz formuliert Professor Christian Diller am Schluss der zweieinhalbstündigen Veranstaltung im Parksaal in Bad Salzhausen. Hier hatte der Experte die Ergebnisse einer Kooperation der Universität Gießen mit der Wirtschaftsförderung Wetterau vorgestellt, die die Entwicklungschancen der Teilnehmerkommunen der Landesgartenschau herausarbeiten sollte. „Nutzen Sie die Chancen, die die Landesgartenschau bietet. Ich kenne kein Format, das zur Entwicklung einer Region besser geeignet ist. Geben Sie das an ihre Mitbürger weiter. So eine Chance kommt nie wieder“, betonte Diller. Der Wissenschaftler erinnerte an die Landesgartenschau 2014 in Gießen: „Damals wurde der Bahnhof saniert. Ohne Landesgartenschau wäre das nicht möglich gewesen.“

Auf dem Treffen in Bad Salzhausen wurden die Ergebnisse vorgestellt. Bernd-Uwe Domes, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung, betonte die Bedeutung des Zusammenspiels der Akteure vor Ort mit ihrer Kompetenz und dem externen Fachwissen des Wissenschaftsbetriebs. „Es geht um nachhaltige Stadtentwicklung, um die Energiewende, um erneuerbare Energien, die Digitalisierung und neues Bauen.“ Dieser technologische Transformationsprozess bedeute auch für kleinere und mittlere Kommunen große Herausforderungen, so Domes. Das neue Projekt im Rahmen „der jahrelangen erfolgreichen Zusammenarbeit“ mit der Gießener Universität habe die nachhaltige Dorfentwicklung zum Ziel und solle den Blick auf Potenziale der Dörfer erweitern.

Dass hier noch viel „im Veborgenen“ schlummert, war den fünf Vorträgen zu entnehmen, die eine Studentengruppe im Wintersemester 2023/24 erarbeitete. Die angehenden Wissenschaftler des Fachbereichs Raumplanung und Stadtgeografie hatten 13 ausgesuchte Dörfer der Kommunen Büdingen, Kefenrod, Gedern, Ortenberg und Nidda in fünf räumlich oder thematisch zusammengefassten Gruppen unter die Lupe genommen, auch über Gemeindegrenzen hinweg. Die Arbeit umfasste neben Ortsrundgängen auch Workshops und Interviews mit Ortsbürgern oder Ortsbeiräten sowie das Forschen in geografischen Informationssystemen. Aus den so erhobenen und gesichteten Daten entwickelten die Studenten Handlungsempfehlungen, die den örtlichen Akteuren im Hinblick auf die Landesgartenschau, aber auch für die Entwicklung der Dörfer über die Großveranstaltung hinaus zur Verfügung gestellt werden.

Der Geschäftsführer der Landesgartenschau-Gesellschaft, Florian Herrmann, erläuterte zunächst das Ziel, Oberhessen den Landesgartenschau-Besuchern als „Entdeckerregion“ zu präsentieren. Dafür solle man attraktive Entdeckerstationen entwickeln und hervorheben, wie etwa den Steinbruch Michelnau, die Keltenwelt am Glauburg, die Dauernheimer Felsenkeller oder das Kloster Konradsdorf. Eine zentrale Frage sei dabei, welche Rolle ein Ort durch Investitionen, Projekte und mit besonderen Veranstaltungen im Rahmen der Landesgartenschau einnehmen könne.

„Es gibt viel Potenzial“, lautete das Fazit der Studenten, das sie den Menschen der Region mitgeben wollen. Als besondere Stärken nannte man mehrfach die schöne Landschaft, vorhandene oder noch zu entwickelnde Wander- sowie Radwege. Historische Gebäude, wie der Herrnhaag bei Büdingen, könnten dank moderner digitaler Technik rekonstruiert und virtuell in den früheren Zustand zurückversetzt werden, um Geschichte erlebbar zu machen.

Die Landesgartenschau 2027 erhöhe den Bekanntheitsgrad der Region, so die studentische Expertise. Zur allgemeinen Attraktivitätssteigerung könnte auch die digitale Darstellung von Freizeitmöglichkeiten beitragen, etwa mit einem Veranstaltungskalender. Für die Vielzahl der Veranstaltungen lohne es sich daher, kräftig die Werbetrommel zu rühren.

Besonderes Augenmerk richteten die Studenten auf die vielen Backhäuser, deren Nutzung sich deutlich aufwerten ließe, etwa durch vermehrte Angebote, um die Funktion als Treffpunkt zu stärken. Stillgelegte Backhäuser ließen sich reaktivieren. Daher regte man auch eine „Backhausmeile“ an.

Einen weiteren Schwerpunkt bildete die Natur. So könne man Lehrpfade auf Streuobstwiesen anlegen oder Lehr- und Schaugärten für den Obstanbau. Auch blumenreich gestaltete, parkähnliche Friedhöfe wie im Büdinger Stadtteil Rohrbach eigneten sich als Schauobjekte. Spielplätze könnten ebenfalls Anziehungspunkte werden. Hier ließe sich das Thema Wasser einbinden, etwa auf für den vorübergehenden Anstau vorgesehenen Hochwasserschutzflächen.

© Text: Stefan Weil (Kreis Anzeiger, 16. Februar 2024)

© Bilder: wfg (15. Februar 2024)